KAPITEL
Girlpwr

2017 wird feministisch!

Jahreswechsel: Man kann sie lieben, hassen, aber schlecht ignorieren. Schließlich reflektiert fast jede*r vor sich hin und macht mäßig realistische Vorsätze, wenn ein neues Jahr ansteht. Ich nehme mich da nicht aus. Doch da es mich langweilt, wiederholt meine Joggen-und-gesund-kochen-Vorhaben zu brechen, konzentriere ich mich dieses Mal auf ein Thema, das mir wirklich wichtig ist: Feminismus.

Doch erst einmal kommt der Rückblick: Was hat mich 2016 feministisch geprägt und bewegt? Oft waren es feministische Antworten auf furchtbare Gewaltereignisse, die mich in meiner Einstellung bestärkten und Hoffnung nach dem Schrecken weckten: In Brasilien wurde eine 16-Jährige von 33 Männern vergewaltigt. Fünf Frauen und ein Mann entwickelten daraufhin die Kampagne “33 dias sem machismo” (33 days without Machismo), mit 33 Herausforderungen und Impulsen, um Sexismus bereits im Alltag zu bekämpfen. Auf die sexuellen Übergriffe der Silvesternacht 2015/16 folgte #ausnahmslos. Und auf den Prozess gegen Gina-Lisa Lohfink, trotz unverständlichem Urteil, endlich #NeinheißtNein. Was hingegen kurz nach Trumps “Grab them by the pussy” geschah, war die Wahl dieses “ekligen Kerls” (O-Ton meiner Oma) zum US-Präsidenten. Beunruhigend, aber auch ein Reminder: Der Kampf geht weiter. Und er beginnt im Kleinen im Alltag. In diesem Sinne:

Meine persönlichen feministischen Vorsätze für 2017

Auch in unangenehmen Lagen zu dem stehen, was ich bin: Feministin und bisexuell.

Es ist wunderbar, Aktivist*innen zu interviewen und sich gegenseitig im Kampf für Gleichberechtigung zu bestärken. Doch was, wenn in einer bierseligen Runde ein schwulenfeindlicher Witz fällt? Eine vorbeigehende Frau wegen ihres knappen Outfits als Schlampe verlacht wird? Oder die Familie eines Bekannten automatisch fragt, ob ich einen Freund habe? Dann ist es besonders wichtig, zu mir selbst und zu anderen zu stehen.

Feministische und queere Statements tragen.

Mit 13 bestellte ich mir im EMP-Katalog (remember?) ein Shirt mit der Aufschrift “Als Gott den Mann schuf, übte sie nur” und zog fröhlich in den Geschlechterkampf der Klasse 8c. War interessant, habe ich aber seitdem nicht mehr gemacht. Deshalb nehme ich mir vor, 2017 ab und an queere und / oder feministische Motive zu tragen und mich, passend zu den Punkten 1) und 3), mit den Reaktionen auseinanderzusetzen.

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Mit Nicht-Feminist*innen diskutieren. Konstruktiv.

Will mich jemand einfach nur provozieren, dann denke ich mir don’t feed the troll und fahre mit meinem Alltag fort. Doch es gibt auch die, die mit Feminismus noch nie richtig in Berührung gekommen sind und mir unbeholfene, aber ehrliche Fragen stellen. “Sind Feministinnen gefährlich, Rena?”, fragte mich mal ein Uni-Kumpel, ein Ingenieursstudent aus Mexiko, halb scherzhaft. Und: “Findest du das traditionelle Familienbild denn nicht wichtig?” Während wir uns chinesisches Takeaway teilten, erklärte ich ihm, dass sich Feminismus für die Gleichberechtigung aller Geschlechter einsetzt, nicht für ein Matriarchat, dass er gerne mit seiner Freundin eine “traditionelle” Familie gründen könne, aber dass auch homosexuelle Paare die Möglichkeit zur Familiengründung haben sollten und dass ihm dadurch ja nichts genommen würde.
Es ist kein Feminist aus ihm geworden, doch er hörte mir zu und als wir aufgegessen hatten, verstand und akzeptierte er meine Meinung. Deshalb nehme ich mir auch für 2017 vor, auf ehrlich Interessierte einzugehen, so verquer mir ihre Ansichten auch scheinen mögen.

Leseliste!

Mein Feminismus entwickelt sich kontinuierlich weiter und zwar mit dem Konsum von Gedanken kluger Menschen. 2016 zählte dazu neben anderen Chimamanda Adichie. Auf meiner Leseliste stehen als nächstes “Bad Feminist” von Roxanne Gay, “Untenrum Frei” von Margarete Stokowski und ein Vorschlag meines Vaters: eine Genderanalyse zu Loriot.

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 Mehr Pole dancen. Und meinen Körper lieben.

Neben Klettern ist Pole Fitness mein Lieblingssport. Ich fühle mich dabei stark und sexy zugleich. Deswegen will ich 2017 wieder mehr an der Stange sein. Statt Fettverlust will ich mich auf Muskelzuwachs fokussieren.

Raus aus der middle class bubble!

Wie viele Unitexte habe ich 2016 zur Intersektionalität gelesen. Und theoretisch verstanden. Praktisch lebe ich jedoch in einer Blase, vor allem definiert durch die gemeinsame soziale Schicht. In Bristol studierte ich Gender and International Relations mit Menschen von vier Kontinenten. Doch niemand war behindert, wesentlich älter als ich oder aus einer prekären sozialen Lage. 2017 möchte ich ebensolche Menschen treffen und fragen, was für sie Gleichberechtigung bedeutet.

Fremdsprachenkenntnisse verbessern,

um noch besser mit möglichst vielen Menschen über meine Herzensthemen reden zu können – Gender, Sexualität und Feminismus.

Eine feministische Kolumne für LIBERTINE schreiben.

Und am Jahresende zurückschauen, wie viele meiner Vorsätze ich erfüllen konnte.

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Text: Rena Föhr