KAPITEL
Freeheld 1

Chance vertan

Nach langem Warten läuft Freeheld endlich in den deutschen Kinos, und es gibt gute Gründe, hohe Erwartungen zu haben. Der Film erzählt die wahre Geschichte einer lesbischen Polizistin, die an Lungenkrebs erkrankt. Der dokumentarische Kurzfilm aus dem Jahr 2008, der die echte Laurel Hester begleitete, wurde mit einem Oscar ausgezeichnet. Nun sind zwei Hollywoood-Schauspielerinnen in „Freeheld – jede Liebe ist gleich“ in den Hauptrollen zu sehen, die wohl der Traum eines jeden Regisseurs für diesen Filmstoff sein dürften: Ellen Page als geoutete Lesbe und Julianne Moore, die mehr Rollen als Frauen liebende Frau gespielt hat als alle anderen Hollywood-Schauspielerinnen – ideale Voraussetzungen also, die Regisseur Peter Sollet aber leider über weite Strecken der über 140 Minuten leichtfertig vergibt.

Der Film will die kurze, aber innige Liebe zeigen, die sich 2005 in Ocean County / New Jersey zwischen der Polizistin Laurel Hester und der Automechanikerin Stacie Andree entwickelt. Hester wird an Lungenkrebs sterben, sie möchte die Pensionsansprüche auf ihre eingetragene Lebenspartnerin überschreiben. Die zuständigen Behörden weisen das Gesuch mehrfach ab, Unterstützung erhalten die beiden Frauen von zwei Männer: Der Kollege der Polizistin und ein schwuler Aktivist, streben beide Gleichberechtigung an. Sie mobilisieren immer mehr Unterstützer, doch die Zeit, die Laurel Hester noch bleibt, wird knapp.

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Schade: Julianne Moore und Ellen Page dürfen ihr Können nicht ausspielen. Erst im letzten Drittel des Films lösen vereinzelte Sequenzen echte Emotionen aus und ja, am Ende werden Tränen fließen, auch wenn die meisten Szenen aus einem seichten Fernsehfilm stammen könnten. Immerhin geht es um einen wahren Fall. Die beiden Filmcharaktere aber lassen das Publikum seltsam und unerwartet kalt. Weder das Date am Strand in romantischer Kulisse, noch das Herrichten und Einrichten eines gemeinsamen Hauses mit Hund sorgen für echte Empathie. Selbst in dem Moment, als beide begreifen, dass die Krankheit von Hester unheilbar ist, ermittelt sich nicht die Verzweiflung, die eine solche Nachricht ganz zwangsläufig in einem verliebten Paar auslöst. Warum auf innere Konflikte verzichtet wurde, die dem Film eine gewissen Tiefe gegeben hätten, bleibt das Geheimnis des Regisseurs. Er lässt keinen Platz für leise Momente, die innige Liebe kann nur erahnt werden. Sanftheit und der anfängliche Zauber einer noch frischen Beziehung vermitteln sich nie. Sie aber hätte es gebraucht, um aus dem Film mehr zu machen als eine Abhandlung von Fakten gepaart mit plakativen und emotionslosen Dialogen.

Erfreulich: Der Surpreme Court in Washington hat die Homo-Ehe schon vor dem US-Kinostart von „Freeheld“ bewilligt. Seit Juni vergangenen Jahres ist es Lesben und Schwulen in jedem Bundesstaat der USA möglich, zu heiraten.

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Regisseur: Peter Sollet

Produzenten: Ellen Page, Michael Shamberg, Stacey Sher, James D. Stern, Cynthia Wase

Drehbuch: Ron Nyswaner

HauptdarstellerInnen: Julianne Moore, Ellen Page, Michael Shannin, Steve Carell

Text Christiane Falk FOTO PR