KAPITEL
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Mehr Frau. Mehr Miteinander?

Mit MentorMe hat Karin Heinzl ein Mentoringprogramm ins Leben gerufen, das sich speziell an Sozial- und Geisteswissenschaftlerinnen richtet. Ohne fremde Mittel haben sie und ihr Team ein Angebot entwickelt, das für die Studentinnen kostenlos ist und mit individuellem Mentoring, Online- und Offline- Trainings sowie Network-Events eine Menge zu bieten hat, was den Mentees den späteren Einstieg in das Berufsleben erleichtert.

Leicht ist es momentan nicht, einen Termin mit Karin Heinzl zu finden. Als wir uns endlich in einem Café in Berlin gegenüber sitzen, sprudelt es aus der 33-Jährigen nur so heraus. Die Begeisterung und die Leidenschaft, mit denen sie über ihr Projekt spricht, sind ansteckend. Vor nicht einmal einem dreiviertel Jahr, im Oktober 2015, gründete die Österreicherin und Wahl-Berlinerin MentorMe. Ein Mentoringprogramm, das sich an Studentinnen der Sozial- und Geisteswissenschaften wendet. Also genau den Studienfächern, die nicht gerade eine Garantie für einen problemlosen Start in die Arbeitswelt versprechen und gerne als „brotlose Kunst“ abgetan werden.

„Sozial- und Geisteswissenschaftlerinnen haben zwar während und nach dem Studium eine große Vielfalt an beruflichen Möglichkeiten, aber genau deswegen auch Schwierigkeiten, den für sie passenden Job zu finden. Viele Unternehmen bevorzugen JobeinsteigerInnen mit wirtschaftlichen Abschlüssen, da sie oftmals ein klareres Berufsprofil vorweisen“, erklärt Karin. Sie spricht aus Erfahrung, als Kommunikationswissenschaftlerin musste sie nach ihrem erfolgreichen Magister- und Masterabschluss etliche Praktika in verschiedenen Bereichen machen, bevor sie ihren ersten fixen Job bekam.

Genau hier setzt die 33-Jahrige nun mit MentorMe an. Die rund 50 Mentees, die aktuell an dem Programm teilnehmen, werden schon während ihres Studiums auf den Übergang von der Universität in die Berufswelt vorbereitet. Dafür bekommt jede Mentee _XXX4487eine Mentorin oder einen Mentor zur Seite gestellt und kann ein vielseitiges Angebot nutzen, wie beispielsweise Offline- und Online-Trainings aus den Bereichen Selbstmanagement und Leadership. Nicht ohne Erfolg: Viele Mentees haben durch das Programm schon begehrte Praktikumsstellen wie bspw. im EU-Parlament oder bezahlte Werkstudentinnen-Stellen und feste Jobs erhalten.

Eine wichtige Rolle spielt bei MentorMe die Vernetzung. Regelmäßige Network-Events, Unternehmensbesuche und Vortragsreihen sind daher fester Bestandteil des Programms. So veranstaltet MentorMe beispielsweise zusammen mit dem Frauennetzwerk Fielfalt den Business- und Network-Event „Get Empowered –The female way up“, der von Libertine präsentiert wird. Neben interessanten Workshops zu den Themen Selbstpräsentation, Verhandlungstechniken, Vereinbarkeit Familie und Beruf, Leadership vs. Management sowie Selbstständigkeit werden internationale, erfolgreiche Speakerinnen zu Wort kommen und von ihren persönlichen Erfahrungen berichten.

Besonders stolz ist Karin darauf, dass das MentorMe-Programm für die Mentees im ersten Jahr kostenlos ist und somit für jede offen steht. Gleichzeitig bedeutet das aber für Karin und ihre Mitstreiterinnen, Gelder über Sponsoren zu akquirieren. Kein leichtes Unterfangen, aber die 33-Jahrige setzt alle Hebel in Bewegung, um Geldgeber für das Programm zu begeistern. „Wir stehen mit MentorMe natürlich noch ganz am Anfang. Es ist wie eine abenteuerliche Reise mit hohen Bergkammen und tiefen Talern. Die Siege sind so wunderbar und befriedigend, dass sie die Niederlagen als nichtig erscheinen lassen“, erklärt Karin mit charmantem österreichischen Akzent.

Ohne Idealismus geht es nicht, denn bis jetzt arbeitet das gesamte Team ehrenamtlich und manchmal ist es gar nicht so einfach, alles neben der Haupttätigkeit unter einen Hut zu bringen. Das Handtuch zu werfen und sich wieder eine Festanstellung zu suchen, ist für Karin trotzdem keine Option. Im Gegenteil, ab Oktober wollen sie und ihr Team, Firmen und Organisationen als Kunden gewinnen, die MentorMe in ihr Human Ressource integrieren. Karin ist überzeugt von ihrer Vision und sich sicher, dass Unternehmen davon profitieren, wenn sie Frauen mehr fordern. „Frauen sind oftmals diplomatischer, kooperativer und weniger darauf aus, eigene Errungenschaften zu glorifizieren“, ist sich die Gründerin sicher, „gerade weibliche Führungskräfte haben oftmals ein besseres Feingefühl, zu erkennen, mit welchem Führungsstil Mitarbeiterinnen am besten abgeholt werden.“

Besonders erfreulich findet die 33-Jahrige, dass sich Frauen immer mehr vernetzen. „Es ist ein tolles Gefühl, Teil einer Community von Frauen zu sein, die sich gegenseitig unterstutzen und die gemeinsames Business machen wollen“, schwärmt die Wahl-Berlinerin. Wie ernst es ihr damit ist, erfahre ich eine halbe Stunde nach unserem Treffen. Noch auf dem Weg zurück ins Büro hat Karin ihr Netzwerk nach relevanten Kontakten für mich durchforstet, mir eine kleine Liste zusammengestellt und schon die ersten Gruppenmails verschickt.

Text Juliane Rump FOTOS Werner Amann