KAPITEL
Gail, Nancy, Francesca Und Hayley

Weltfrauentag: Blumen und Bier

Am 8. März ist Weltfrauentag, seit mehr als hundert Jahren wird er bereits gefeiert. Ebenso Jahr für Jahr wird er gebashed und für unnötig erklärt. Paradebeispiel: „Das ist überflüssig, die Gleichberechtigung ist längst da”. Ich verzichte hier auf einen Kommentar und empfehle ein kritisches Beobachten des Weltgeschehens und des eigenen Umfelds.

Es gibt zwei weitere Aussagen, die sicher heute wieder kommen werden, und zu denen ich durchaus etwas zu sagen habe.

Aussage 1: Warum Frauentag? Auch Männer haben Probleme!

„Warum gibt es keinen Weltmännertag?”, postete einmal ein Bekannter in meine Timeline – unter einen Artikel zum Weltfrauentag, den ich verlinkt hatte. Er war sich der Nicht-Existenz so sicher, dass er nicht auf die Idee kam, zu googeln und … genau, auf den Weltmännertag zu stoßen. Tatsächlich ist dieser Tag, der am 3. November “gefeiert” wird, genau wie der Internationale Männertag (19. November), recht unbeachtet. Ernsthafte Texte zu dem Anlass sind rar, die Google-Bildersuche spuckt mir lediglich Spruchtafeln mit Hardcore-Kalauern aus.

Dabei ist der Männertag keine Erfindung von Mario Barth und auch keine Konkurrenz zum Frauentag, sondern eigentlich sein perfektes Komplement. Männergesundheit ist einer der Schwerpunkte, und das ist mehr als sinnvoll: Männer bringen sich häufiger um, oft werden Krankheiten bei ihnen später erkannt, sie sterben früher Ironischerweise hängt das mit der Vorstellung vom „starken Geschlecht” zusammen: Mann, sei nicht schwach, nicht ängstlich, nicht zu emotional! Lass dir von keinem was sagen, geschweige denn, einen Finger in den Arsch schieben – selbst wenn es zur Krebsvorsorge dient. (Siehe dazu den „In Love with… Jack Urwin“-Beitrag in der aktuellen Libertine #Zukunft).

Dass sich patriarchale Vorstellungen also auch auf Männer negativ auswirken – geschenkt. Aber: Sich ausgerechnet am Frauentag beschweren, dass nicht genug über Männerprobleme geredet wird? Diese Energie sollte man(n) lieber in ein Engagement für den Männertag investieren.

Aussage 2: Warum ein einzelner Tag? Machen wir es doch einfach immer richtig!

Oder ist das Begehen solcher Tage generell Quatsch? Dieses Argument gibt es bei so ziemlich jedem “besonderen” Tag, sei es aus dem Mund von genervten Müttern, die einmal im Jahr mit halbrohem Kuchen ihrer Sprösslinge „verwöhnt” werden, oder (nicht nur) Linksintellektuellen, die ihre(*n) Partner*in(nen) tagtäglich lieben und sich deshalb nicht dem Kommerzterror des Valentinstags beugen müssen.

Die Variante im Fall des Weltfrauentags lautet: Gleichberechtigung sollte es sowieso 365 Tage im Jahr geben.

Sicherlich: Den Weltfrauentag nutzt so manche*r als Möglichkeit, um soziales Bewusstsein zu zeigen und den Rest des Jahres frauentagIgnoranz walten zu lassen. Und natürlich wird er auch schamlos kommerzialisiert. Manche verbinden mit dem Weltfrauentag lediglich Geschenke und Blumen, in manchen Ländern wird er thematisch mit dem Muttertag vermischt. Das ist hochproblematisch, weil Weiblichkeit dadurch mit Mutterschaft gleichgesetzt wird. Und so nett Geschenke sein können, so sehr schaden sie, wenn sie zum Übertünchen von Missständen dienen.

Nur: Man muss das ja nicht so machen. Weder sich bei Fleurop bankrott shoppen, noch sich den Rest des Jahres wie ein*e Vollidiot*in verhalten.
Was oftmals übersehen wird: Spezifische Tage eröffnen spezifische Möglichkeiten, nämlich, sich auf ein Thema zu konzentrieren und diesem Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Was an solchen Tagen in die Öffentlichkeit getragen wird, soll und kann nachwirken und für gesellschaftlichen Fortschritt sorgen.

Deshalb, Frauen* und Männer* dieser Welt: Nutzt diese Tage! Seid politisch, kämpft mit vielseitigen Perspektiven für Gender Equality! Geht auf die Straße, nehmt am Womens March teil.

Und dann schenkt von mir aus auch Blumen oder Bier. Egal, wer, wem. Mir gerne beides.

Text: Rena Föhr

Fotos: Kristina Lunz (Aufmacher), Rena Föhr (kleines Bild)