KAPITEL
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All eyes on Låpsley!

Die 19-jährige Britin wird seit eineinhalb Jahren als eines der größten Talente gefeiert, doch anstatt sich stressen zu lassen, hat Låpsley in aller Ruhe an ihrem ersten Album gearbeitet. Seit Freitag ist „Long Way Home“ draußen, noch in diesem Monat stellt sie es bei drei Deutschlandkonzerten vor. Christiane Falk hat sie in Berlin zum Interview getroffen.

Christiane Falk: Man kann fast ein bisschen neidisch werden, wenn man hört, was Deine Eltern Dir als Kind zu Hause vorgespielt haben: Alben von Joy Division und Kraftwerk. Erinnerst Du Dich bewusst an diese Stunden vor der Stereoanlage?

Låpsley: Ja. Sie haben wahrscheinlich nicht mehr Musik als andere Eltern gespielt, aber was sie gespielt haben, das war sicher eine super Einführung in die Welt von unglaublich guten Songschreibern. Auch von weiblichen Schreiberinnen wie Joni Mitchell und Kate Bush. So habe ich gelernt, dass es auch für Frauen keine musikalischen Grenzen gibt.

CF: Heutzutage spielen Alben keine so entscheidende Rolle mehr, viele Fans hören nur noch einzelne Tracks. Auch das Radio verliert immer mehr Zuhörer an Musikplattformen wie Soundcloud und Spotify. Wie hat sich Dein Hörverhalten geändert?

Låpsley: Ich war als Kind ziemlich beschäftigt und habe neben der Schule viel Sport gemacht. Die meiste Zeit habe ich damals Musik im Auto gehört, wenn ich von einem Ort zum anderen gebracht wurde, dann lief immer das Radio. Meine Eltern haben am liebsten „BBC Radio 4“ gehört und ich „BBC Radio1“ und „Smooth FM“, wo viel Motown gespielt wurde. Ich selbst habe dann meine Musik mit 16 auf Soundcloud hochgeladen, wo die BBC sie entdeckt und im Radio gespielt hat.

CF: Erinnerst Du Dich dran, wann Du das erste Mal ein Lied von Dir im Radio gehört hast?

Låpsley: Ja, es war surreal. Erst lief es nur in einem Lokalsender, aber dann, zwei Monate später – ich saß gerade mit meinen Schwestern im obersten Stock unseres Hauses, und wir hatten uns was vom Lieferservice kommen lassen – wurde mein Song auf „BBC1“ gespielt. Ich fand das extrem abgefahren und habe überlegt, wie viele Menschen das jetzt wohl hören. Danach hab ich einige Nachrichten bekommen, nicht nur von Freunden. Wenn die Musik im Mainstream-Radio läuft, registrieren Dich plötzlich auch bekannte Produzenten.

CF: Du hast schon als Kind mehrere Instrumente gespielt und dann mit 12 angefangen, Songs zu schreiben. Das ist in dem Alter schon sehr ungewöhnlich!

Låpsley: Es ist einfach so passiert. Meine Aufmerksamkeitsspanne war immer sehr kurz. Ich hatte damals schon viele Jahre Unterricht und einige Instrumente ausprobiert, aber von jedem war ich nach einer gewissen Zeit gelangweilt. Ich habe einfach zu meinem eigenen Spaß angefangen, Songs zu schreiben, aber nie dran gedacht, sie jemand anderem zu zeigen. Außer meiner Oma, der habe ich manchmal was vorgespielt. Ich hatte nicht vor, eine Musikkarriere zu starten. Mit 16 habe ich zum ersten Mal was auf Soundcloud hochgeladen. Damals habe ich meinen Verwandten in Amerika geschrieben, dass nun Musik von mir im Netz zu hören wäre, und dann ging das plötzlich lawinenartig los und hat mich soweit gebracht, dass ich heute hier sitzen und sagen kann: „Ich habe mein erstes Album aufgenommen.“

CF: Wie würdest Du den Sound auf „Long way home“ beschreiben?

Låpsley: Wer nur meine Singles kennt, bekommt einen falschen Eindruck. Die sind sehr poppig und eingängig, ich verstehe sie als einen Türöffner für den Rest des Albums. Ich sehe ein, dass die Musikindustrie so tickt, dass sie solche Songs braucht, denn von dem Erfolg einer Platte hängen ja auch Jobs ab, Menschen – nicht nur ich – verdienen damit ihren Lebensunterhalt. Von daher bin ich froh, dass jetzt endlich das komplette Album draußen ist, und man die ganze Bandbreite meiner Musik hören kann.

CF: Trittst Du gerne live auf?

Låpsley: Mittlerweile macht es mir Spaß, da ängstigen mich nur noch Fernsehshows. An den Rest habe ich mich gewöhnt. Anfangs war das anders. Es gab da diesen Auftritt beim Glastonbury-Festival, einem riesigen Festival in England, der eigentlich zu früh kam oder auch mein Gig beim europäischen Newcomerfestival „Eurosonic“ in Groningen, Holland. Es war erst mein viertes Konzert, nur schien das außer meinem Umfeld niemand zu wissen. Ich war nicht gut, da muss man nicht drum rum reden, aber ich habe dadurch immerhin mehr Erfahrungen sammeln können. Meine Mutter ist übrigens meine größte Kritikerin, sie ist sehr direkt und sagt mir ihre Meinung – über meine Outfits, genauso wie über die Auftritte.

CF: In welchem Club hast Du Dich in Deiner Teenagerzeit musikalisch inspirieren lassen?

Låpsley: Meine Heimatstadt Southport liegt eine halbe Stunde von Liverpool entfernt und dort war die Rave-Kultur rund um die Docks sehr lebendig. Ich war viel im „Chibuku“, da gehe ich auch heute ab und an noch hin. Liverpool ist anders als London, irgendwie rauer. Einige Locations waren illegal und ich eigentlich auch noch zu jung, um mit 15 reinzudürfen. Aber ich war völlig fasziniert von dem Techno, der dort aufgelegt wurde. Ich lernte plötzlich was völlig Neues kennen. Meine eigene Musik ist wohl eine Mischung aus meiner Faszination für elektronische Musik gepaart mit traditionellem Singer/Songwritertum, was meine Freunde und ich bis dahin nahezu ausschließlich gehört hatten.

CF: Du hast also danach angefangen, Dir zu überlegen, wie Du selbst elektronische Musik machen kannst?

Låpsley: Ja, ich wusste, ich brauche einen Synthesizer und einen Laptop, auf dem eine Software drauf ist, mit der ich solche Sounds produzieren kann. Ich bin erst letztes Jahr von „Garage Band“ auf ein professionelles Programm umgestiegen, und es ist für mich teilweise noch schwierig, richtig gute Ergebnisse zu erzielen. Erfahrene Produzenten haben das ja meistens studiert und jahrelange Erfahrung. Ich habe dann mit Rory MacDonald von XL Records in seinem Studio zusammengearbeitet, und er hat mir geholfen, meine Ideen technisch umzusetzen. Ich bin noch mittendrin in einem Lernprozess, habe aber mit einigen Leuten, die fernab von allem sind, was ich bisher so kannte, Dinge ausprobiert. Mir ist es total wichtig, über den Tellerrand hinweg, Erfahrungen zu sammeln. Es kamen zum Beispiel auch Vorschläge wie „Mach was mit James Blake zusammen!“, aber ich finde es spannender,  mit mir noch unbekannten Künstlern zu arbeiten.

Lapsley - Long Way Home

Låpsley live in Deutschland:

21.3. Köln, Gebäude 9

22.3. Postbahnhof, Berlin

24.3. Nordspeicher Hamburg

 

INTERVIEW Christiane Falk FOTO PR