KAPITEL
Gina Lisa Demo

Nein heißt Nein – Kommentar #TeamGinaLisa

Es gibt dieser Tage viel Ungerechtigkeit in der Welt – die sinnlosen Tode in einem LGBT-Club in Orlando, Florida; die fast schon freundliche Behandlung eines schwimmenden Vergewaltigers, weil er eben nun mal an einer Eliteuni studiert. Und dann ist da der Fall Gina-Lisa. Kein Artikel kommt damit aus, ihren Werdegang zu schildern. Bekannt geworden durch „Germany’s Next Topmodel“ fiel Gina-Lisa Lohfink schnell durch Schönheitsoperationen und ihre gefakte Beziehung mit Mallorcasängerin Loona auf.

Als ob es nötig wäre, zu betonen, welchen Lifestyle sie lebt. Als wäre dadurch Gewalt gegen sie genauso in Ordnung wie gegen Sexarbeiterinnen, beispielsweise. Nein heißt nein, egal, aus welchem Munde. Gina-Lisa Lohfink wurde vor vier Jahren von zwei Männern vergewaltigt, stundenlang. Sie zeigte die Männer an, die an diesen Videos, in denen sie anscheinend fahrig, gar abwesend wirkt, Geld verdienen wollten, diese kamen auch vor Gericht.

Nur – auch Gina-Lisa. Denn angeblich sei es eine Falschaussage gewesen, dass sie unter K.O.-Tropfen gestanden habe, eine Substanz, die man nur in einem äußerst kurzen Zeitraum nachweisen kann. In Deutschland ist das Gesetz, wie in vielen Ländern, äußerst lax, nur wer sich körperlich wehrt, ist wohl wirklich vergewaltigt worden. Es ist beschämend, bedenkt man, dass nicht nur Drogen einen ruhig stellen können, sondern auch der Schock der Situation.

Das alles soll Gina-Lisa 24.000 Euro kosten. Dem Spiegel gegenüber sagte Gina-Lisa, das Gefühl von K.O.-Tropfen gut zu kennen, man könne ihr glauben. Und Fälle wie diese sind vermutlich der Grund, warum Missbrauch noch immer viel zu selten angezeigt wird. Man wird verspottet, in diesem Fall vom Gericht; man lügt mutmaßlich, obwohl es in diesem Fall sogar ein bezeugendes Video gibt.

Apropos Video: Das wird dann auch noch zum Internethit, liegt ja nahe, immerhin sind die beliebtesten im Internet verfügbaren Pornos die, die Gewalt gegen Frauen zeigen. Selbst, wenn Gina-Lisa ein „Nein“ gegen das Filmen an sich geäußert hat oder den Ablauf des Geschlechtsverkehrs – nicht gegen den Geschlechtsverkehr selbst -, ist alleine das Ausmaß dieser Diskussion ein Armutszeugnis. Denn anscheinend hat eine Frau ohnehin keine eigene Meinung zu haben, ein „Nein“ auffordernd zu einem „Jetzt erst recht“, die Frau wolle gejagt werden. Jahrhunderte haben dieses Bild im Kopf des Mannes – und, guckt man sich die Behandlung der „Wasserstoffblondine“ (O-Ton: ziemlich viele gehässige Medien) genauer einmal an, auch in den Köpfen mancher Frauen – zusammengelebt. Egal, zu was verneint wird, dem muss Folge geleistet werden. Und die Art, wie Gina-Lisa seit Wochen gehandhabt wird, ist menschenunwürdig.

Nun hat sich die Regierungskoalition geeinigt, eine „Nein heißt Nein“-Politik durchführen zu wollen, um das Sexualstrafrecht verschärfen kann. Zeit wird’s. Der Prozess wird in Berlin am 27. Juni fortgesetzt. Gina-Lisa möchte in Zukunft eine Stiftung gründen unter dem Titel „Women are strong“ und Vergewaltigungsopfern helfen – aber vor allem möchte sie Gerechtigkeit. Bis dahin gilt nicht nur der Hashtag #teamginalisa – sondern auch der Hashtag #raisebetterboys

Text Simone Bauer  Foto Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt