KAPITEL
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Tanzen gegen den Male-Mainstream

Das diesjährige DICE hätte sich keine schöneren Berliner Locations aussuchen können: vom 31. Oktober bis 02. November bespielt das queer-feministische Festival sowohl die gotischen Taborkirche als auch den historischen Kulturbahnhof Bi Nuu. Besucher*innen erwartet nicht nur ein vielseitiges, queeres Musikprogramm, sondern auch Workshops, Community Breakfasts und Talks.

Bereits zum zweiten Mal finden das DICE Conference + Festival statt. Inspiration für das Programm liefern – neben den auftretenden Künstler*innen – lokale soziale Bewegungen, die uns eine aktivistische Praxis aufzeigen.

Der Titel der diesjährigen Ausgabe lautet „Overtime”. Das Programm setzt sich mit dem Wert von Zeit und Arbeit im Kontext von Musik, Kunst und Gesellschaft auseinander und untersucht die vielfältigen Bedeutungsebenen von „Overtime” in einem sich ständig wandelnden globalen Kontext. Was ist „Overtime”? Welche Rolle spielt es in unserem Leben? Wie wirkt es sich auf uns aus? Wer profitiert davon?

Das interdisziplinäre internationale Festivalprogramm präsentiert genreverändernde Künstlerinnen, die durch ihre mutigen und innovativen Performance-Strategien und -Formate herausragen. Es beleuchtet Akteurinnen, deren Beiträge zum künstlerischen Bereich aufgrund struktureller Diskriminierungen andernorts unterrepräsentiert sind: Frauen, nicht-binäre Menschen sowie Transpersonen, die oft auch Aktivistinnen sind, werden von der Mainstream-Musikindustrie und vielen wichtigen Institutionen finanziell marginalisiert.

Das Line-up reicht von Aktivist*innen wie der multidisziplinären Performance-Künstlerin, DJ und Buchautorin Juliana Huxtable (Aufmacherbild), die die Konferenz mit einem Artist Spotlight Talk über ihre künstlerische und aktivistische Entwicklung eröffnet, über die ebenfalls aus New York kommende Rapperin Quay Dash mit ihren energetisch scharfsinnigen Raps und dissonant-messerscharfen Beats. Die in Göteborg ansässige Produzentin Tami T verwandelt ihre Songs von glasklarem Lärm in Trance-Chartpop, während die ägyptische Avantgardesängerin, Komponistin und Produzentin Nadah El Shazly, die mit ihrer Band auftritt, gekonnt traditionellen ägyptischen Gesang und akustische Instrumente mit pulsierenden elektronischen Beats verwebt.

DICE zeigt Nachwuchskünstlerinnen wie die Pariserin Crystallmess, die neben einem DJ-Set ihre interdisziplinäre Performance „Collective Amnesia: In Memory Of Logobi“ in der Taborkirche aufführt – hier sucht sie zwischen postkolonialer Entfremdung, Technologie und DIY-Kultur einen postmodernen Zugang zur Ethnomusicology. DICE präsentiert außerdem die südasiatisch-amerikanische Sängerin, Komponistin und Produzentin Ami Dang, die ihr brandneues Album Parted Plains vorstellt: Darauf bringt sie nordindische klassische Musik mit ambienten DIY-Sounds ihrer Heimatstadt Baltimore in Einklang.

Die in Berlin lebende Deep-House-Vorreiterin Lady Blacktronika wiederum vereint in ihren zeitlos-vibrierenden Sets gleichermaßen Einflüsse aus Old School Chicago und Detroit House Musik. Die lokale Istanbuler LGBTQIA-Ikone und DJ Q-BRA wird eines ihrer eklektischen DJ-Sets liefern, die weder vor Orchesterpartituren noch vor Techno Beats haltmachen.

Dai Burger

Außerdem erwartet das Publikum unter anderen die Hip-Hop-Fashionista ​Dai Burger, der niederländische Pionierin DJ Marcelle​, die in Jersey ansässige Hardcore-Rapperin ​RahRah Gabor​, der multidisziplinäre Künstler und Produzent ​Black Cracker​, die eklektisch-soulige Sängerin und DJ ​Stella Zekri​ sowie der experimentellen Organistin ​Rahel Hutter​.

Das komplette Programm findet ihr hier. DICE wird unterstützt vom Musicboard Berlin, Musikfonds und dem Bezirksamt Neukölln.

Foto: Juri Hiensch (Julianna Huxtable)