
Filmempfehlung: Blindgänger
Starke Bilder, facettenreiche, queere Charaktere, zärtliche Begegnungen und eine diverse Besetzung – in ihrem neuen Film Blindgänger webt Kerstin Polte eine vielschichtige, multiperspektivische Erzählung über verdrängte Ängste, vererbte Traumata und die Sehnsucht nach Verbundenheit. Ein Film voller Wärme, der dazu ermutigt, sich den eigenen Ängsten zu stellen und uns verletzlich und nahbar zu begegnen.
Unzählige nicht explodierte Bomben und Granaten liegen noch immer im ganzen Land verstreut und können jederzeit explodieren. Um einen dieser sogenannten Blindgänger dreht sich der gleichnamige Film der queeren Regisseurin Kerstin Polte: Mitten in Hamburg, im hippen Schanzenviertel, wird eine Bombe aus dem 2. Weltkrieg gefunden. Im Ausnahmezustand rund um die Bombenentschärfung wird schnell deutlich: Die Protagonist*innen ringen nicht nur darum, die Weltkriegsbombe unter Kontrolle zu bringen, sondern werden mit ihren eigenen verdrängten Ängsten konfrontiert, die hoch explosiv in uns allen schlummern.
Dabei verzichtet Kerstin Polte auf die klassische Heldinnen-Reise und setzt stattdessen auf eine vielschichtige, multiperspektivische Erzählung, die verdeutlicht, wie eng persönliche und historische Traumata miteinander verwoben sind – und welche Kraft in Solidarität und Verbundenheit liegt. Dabei geht der Film empathisch auf die Widersprüche und komplexen Beziehungen der (überwiegend queeren) Figuren ein, ohne sie zu vereinfachen oder zu verurteilen.
Anders als in vielen queeren Filmen, spielt die Queerness der Charaktere für die Erzählung zwar eine Rolle, wird aber nicht thematisiert oder gar problematisiert. Damit bekommen sexuelle Orientierung und Gender-Identität eine Selbstverständlichkeit, wie wir sie noch viel zu selten zu sehen bekommen. Die Besetzung, darunter Anne Ratte-Polle, Haley Louise Jones, Thelma Buabeng, Lukas Alexander von Horbatschewsky (Foto unten) und Bernhard Schütz, ist dabei überzeugend divers. Doch nicht nur vor, sondern auch hinter der Kamera wird Vielfalt bei Blindgänger großgeschrieben: 80 % des Filmteams sind FLINTA.
Auch optisch überzeugt der Film und entspricht so gar nicht den eher tristen Look vieler deutscher Produktionen. Stattdessen überrascht er mit starken, fast arty-anmutenden und Bildern und Farben.
Fazit: Blindgänger ist eine vielschichtige, berührende gesellschaftliche Momentaufnahme aus queeren Perspektiven, die nicht nur von äußeren und inneren Krisen erzählt, sondern auch von der Sehnsucht nach Begegnung, Solidarität und Verbundenheit – etwas, das uns in der aktuellen Zeit immer mehr verloren zu gehen droht und auf das es sich zu besinnen lohnt.
Kinostart: 29. Mai 2025, alle weiteren Infos finden sich hier und auf Instagram.